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Dienstag, 3. September 2019 - Schon am Montag hat uns „Österreich“ informiert, dass am Mittwoch Marcel Hirscher in Anwesenheit von 200 internationalen Medien seinen „Rücktritt“ bekannt geben wird. Das Ereignis ist so wichtig, dass der ORF seinen Sendeplan umstoßen muss: „Sendezeiten-Slalom beim ORF wegen Hirscher-Rücktritt“, hat heute ein humoriger Redakteur in „Heute“ gedichtet. Die Wahlkampf-Rededuelle müssen demnach um eine Stunde verschoben werden.

 

Schon jetzt kenne ich die investigativen Fragen der Journalisten aus gegebenem Anlass („Was sagen sie zu unserem Helden Hirscher?“) und die Antworten von Meinl-Rendi-Edtstadler-Pilz, unisono: „Toll, super, herausragend, grandios.“ Nur der Hofer wird sagen: „Heimat bist du großer Söhne – WIR haben immer gesagt, diese Hymne darf nicht verludern!“

 

Mit absoluter Sicherheit wird keinE PolitikerIN den ORF darauf hinweisen, dass die Zukunft Österreichs wichtiger ist als die Vergangenheit eines Skistars. Mit Sicherheit wird keinE PolitikerIN die Abschaffung der Steuerprivilegien für Spitzensportler verlangen, die aus einer Zeit stammen, als sich Toni Sailer und Karl Schranz ihre Brettln selbst gekauft und vor der Abfahrt selbst gwaxelt haben. Aber das ist ein anderes Thema.

 

Hier geht es darum, dass hunderte, ja tausende gleichgeschaltete Medien der fixen Überzeugung sind (und was alle glauben kann nicht falsch sein!), es habe etwas mit „News“ zu tun, ja, es seien sogar absolute Topnachrichten denen alles andere nachzureihen ist, wenn Marcel auftritt und uns mitteilt: ich hör auf. Die gleichen Journalisten, die seitenweise und stundenlang darüber berichten, haben nicht einmal mit einer Wimper gezuckt, als ich gestern die internationale Ausstellung „Parallelaktion Kunst 2019“ eröffnet habe mit der Aussage: wir fangen an!

 

Jafari und Hafez 1 500

(FOTO: Die Sopranistin Galiya Jafari singt anlässlich ihres ersten Liederabends im Kunstraum Werke von Franz Schubert und Richard Strauss. Sie wird begleitet vom Pianisten Hafez Babashahi. Im Hintergrund Bilder von Tonia Kos.)

 

Zwölf Künstler, die kreativ sind, wichtige Beiträge für die Kultur dieses Landes leisten, eine Galerie, die seit 25 Jahren internationalen Kulturaustausch fördert und ergänzend dazu Musikern und Autoren aus der ganzen Welt eine Bühne im Zentrum Wiens bietet – das ist Null und Nichtig! Absolutely No News!

 

30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer muss man feststellen, dass das DDR-Fernsehen unter der Diktatur des Proletariats weniger konformistisch war, als der sogenannte unabhängige ORF unter der Diktatur der Prominenz. Die Diktatur des Proletariats ist endgültig vorbei. Wie lange noch wird die Mauer der Diktatur der Prominenz den Journalisten den Blick auf die wichtigen Dinge unserer Zeit verstellen? Journalisten informieren über Themen, die relevant sind, heißt es.

 

Relevanz aufgrund von Prominenz? Nicht auch, sondern nur!

 

Ergänzung 5.9.2019 um 22:22 Uhr: Die ZiB2 bringt einen Rückblick auf den Hirscher-Auftritt zum Rücktritt und demonstriert "Ausgewogenheit" mit der originären Nachricht, dass schon vor Hirscher Skifahrer aufgehört haben, ganz einfach so. Man darf gespannt sein, ob das eine neue me-too-Wedelwelle auslösen wird. Anmoderiert wurde der Filmbeitrag mit dem Quotenhinweis: "Eine Million haben gestern im ORF zugesehen, wie Marcel Hirscher seinen Rücktritt verkündet hat." Verkündet! Die Verkündigung des Evangelisten Marcelus!

 

Siehe auch: Die Bevorzugung des ORF ist verfassungswidrig!

 

Update 8.10.2024: Wer einmal so erfolgreich zurücktritt, kann das auch ein zweites Mal. "Mit 30 Jahren hat er seine Karriere zur Hochzeit seiner Schaffenskraft beendet, mit 35 wagt er nun ein Comeback und mit rund 36 Jahren könnte schon wieder alles vorbei sein - Ski-Superstar Marcel Hirscher hat in einem Nebensatz jedenfalls angedeutet, dass er seine aktive Laufbahn bereits nach einer weiteren Saison beenden könnte, diesmal aber endgültig", berichtet Krone.at (8.10.2024)

 

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