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31. Juli 2004 – Wie das WirtschaftsBlatt heute berichtet, hat Wolfgang Gruber, seit vielen Jahren Geschäftsführer von HP Österreich, Probleme mit der Umsatzentwicklung, die in diesem Jahr nur „sanft steigen“ dürfte. Sicher eine enorme Bedrohung für einen Konzern, der am 30. April das 2. Quartal seines Geschäftsjahres mit dem größten Umsatzzuwachs seiner Unternehmensgeschichte abgeschlossen hat. Bei einem Umsatz von 20,1 Milliarden Dollar lag der Nettogewinn des Quartals bei schlanken 884 Millionen Dollar.

Den Grund für das „drohende“ sanfte Wachstum ortet Gruber in einem Investitionsstau bei IT-Ausgaben der Unternehmen. Diese Diagonose wird wohl jeder bestätigen, der im IT-Bereich tätig ist. Verwunderlich für einen über die Jahre erfolgreichen Manager ist aber seine Forderung, die er aus der Ist-Analyse ableitet: „Die Regierung muss endlich aktiv werden, um das IT-Investitionsklima nachhaltig zu verbessern.“ Laut Gruber sei die von Infrastrukturminister Hubert Gorbach versprochene Zehn-Millionen-Euro-Förderung für Breitband viel zu wenig, zitiert das WirtschaftsBlatt den IT-Manager, der in Österreich einen Förderbedarf von 40 Millionen Euro sieht. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, erklärkt Gruber: „Das ist nicht unverschämt, wenn man zum Beispiel an die zwei Milliarden Euro an Infrastruktur-Zuschüssen pro Jahr für die ÖBB denkt.“

Bemerkenswert ist dieses Statement des HP-Managers deshalb, weil es mindestens drei fundamentale Denkfehler enthält:

1. Die IT-Branche ist völlig unschuldig am Investitionsstau.
2. Die Regierung ist dazu da, die Wirtschaft anzukurbeln.
3. Infrastruktur ist Infrastruktur, IT- und Verkehrsinfrastruktur sind daher gleichermaßen zu fördern.

ad 1: Vor einem Jahr habe ich beschlossen, mein bescheidenes Ein-Mann-Büro mit einem All-in-One-Fax-Scanner-Drucker auszustatten - eine wirklich geniale Erfindung für Betriebe meiner Größenordnung. Das beste Preis-Leistungsverhältnis hatte ein Gerät von HP, das ich umgehend erworben habe. Ich will niemanden damit langweilen zu berichten, dass das erste Gerät fehlerhaft und mit Faxanschlusskabel für Deutschland ausgeliefert wurde, abgesehen davon, dass ich erst im Büro darauf gekommen bin, dass ich auch noch ein USB-Kabel für die Verbindung zum PC brauche, das allerdings dem Gerät nicht beigepackt war, was einem natürlich bei Saturn/Mediamarkt niemand sagt, so dass der Sonntagvormittag, an dem man als Einzelunternehmer gerne solche Arbeiten erledigt, für die Installation des Gerätes natürlich verloren war. Also warten auf Montag, defektes Gerät tauschen, USB-Kabel kaufen und den Rest des Tages damit verplempern, das Gerät zu installieren. Nachdem alles gemäß Anleitungen installiert ist, entwickelt der Printer gewisse Eigenwilligkeiten, indem er Druckbefehle manchmal akzeptiert, häufiger aber einfach ignoriert. Mit meinen begrenzten Anwenderkenntnissen bin ich bald mit meinem Latein am Ende und rufe einen Freund und Absolvent einer internationalen EDV-Hochschule. Dieser hochspezialisierte Techniker probiert dann mehrere Stunden verschiedene Tricks aus und findet zuletzt nur eine Lösung: Der HP-Drucker ist nicht mehr kompatibel mit Windows 98. Und tatsächlich, nach der Installation von Windows XP läuft der Drucker ohne Mätzchen zu machen.

Resümee: Die Krise der IT-Branche ist hausgemacht. Wenn ich für die Installation eines Druckers 10 Mann-Stunden, davon mindestens drei Stunden eines hochqualifizierten Technikers brauche, dann verstehe ich, dass jedes Unternehmen IT-Investitionen mittlerweile so lange wie möglich hinaus zögert, wohl wissend, dass jede IT-Investitionen einen Rattenschwanz an Folge-Investitionen auslöst.

ad 2: Die Regierung ist nicht dazu da, die Wirtschaft – egal welche Branche - anzukurbeln. Mehr sollte man dazu eigentlich nicht mehr sagen müssen.

ad 3: Infrastruktur der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, wurde jahrzehntelang als Aufgabe der Regierung, bzw. des Staates gesehen. Erst nach der Liberalisierung des Telekom-Marktes und der Privatisierung der Ex-Monopolisten haben wir verstanden, dass Infrastruktur genauso gut von Privaten bereit gestellt werden kann. Der miserable Zustand des britischen Schienennetzes hat uns aber auch gezeigt, dass Privatisierung nicht automatisch zu einer besseren Leistung führt. Infrastruktur ist eben nicht gleich Infrastruktur. Und deshalb ist es eine unzulässige Simplifizierung, die Förderung der Schiene oder des Straßenbaus mit Breitbandförderungen aufzuwiegen. Während ich als Einzelner nämlich nichts dazu tun kann, um die Fahrtzeit von Wiener Neudorf nach Wien von zwei Stunden auf zwanzig Minuten zu verkürzen, habe ich mit DSL oder Standleitung jederzeit die Möglichkeit, die Bandbreite zu erhöhen oder kann mit anderen Verfahren die Daten komprimieren, so dass die vorhandenen Bandbreiten besser genutzt werden. Die Investitionen dafür kosten jedem Unternehmen jeder Größenordnung sicher weniger, als die Zeit, die die Mitarbeiter jährlich im Stau verbringen und können selbstverständlich wie jede andere Investition steuerlich geltend gemacht werden. Warum investieren dann manche Unternehmen trotzdem nicht in höhere Bandbreiten? Vielleicht liegt es daran, dass sie diese einfach nicht brauchen.

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