21. August 2004 - Die Telekom Austria an die Swisscom zu verscherbeln wäre genauso sinnvoll gewesen, wie der seinerzeitige Verkauf der Bank Austria an die deutsche Hypovereinsbank. Nach den letzten Bilanzen der beiden Banken sind wir alle klüger und wissen, wie überflüssig dies Fusion war. Wir erinnern uns: Die Bank Austria wurde von der Börse genommen, damit die Hypovereinbsbank sie zunächst völlig inhalieren und die Gewinne konsolidieren konnte. Dann wurde die schöne Braut, in Wahrheit längst eine abhängige Tochter, wieder aufgeputzt und an die Börse gebrach, was der Hypo wieder eine nette Summe einbrachte. Sicher ein lustiges Spiel für Aktienspekulanten – was die Bankkunden davon haben sollen, ist bis heute ein Rätsel geblieben.
Und nun die Telekom Austria. Von einem „strategischen Partner“ war da die Rede – aber keiner der beteiligten Manager hat jemals erklärt, um welche Strategie es denn dabei eigentlich gehe. Dass zwei Konzerne, die in ihren Heimmärkten Marktführer sind, gemeinsam international schlagkräftiger werden, kann ja wohl nur eine Wunschvorstellung sein. Von welcher internationalen Mission ist denn da die Rede? Die TA-Tochter Mobilkom kann beachtliche Erfolge in Kroatien aufweisen, aber das ist wohl ein persönliches Verdienst ihres Vorstandes, der in diesem Land seine Wurzeln hat. Und sonst? Was würde sich für den österreichischen TA-Kunden verbessern, wenn plötzlich aus Zürich und nicht mehr aus Wien die Kommandos kommen? Wird das Breitband breiter, wird die Gesprächsminute länger, wechseln die Kunden schneller zu UMTS als bisher?
Was bleibt, ist die reichlich vage Behauptung, dass man gemeinsam am internationalen Markt stärker sei – aber das ist leider nur ein frommer Wunsch, nicht mehr und nicht weniger. Warum sind zwei Ex-Monopolisten, die immer noch ihre jeweiligen Heimmärkte dominieren, plötzlich von der Mission beseelt, im Orchster der internationalen Player mit zu spielen, obwohl sie wissen müssten, dass sie im Orchester mit Vodavone und Hutchison nie die erste Geige spielen werden können? Getrieben wird diese Fusionitis von einer unter Managern weit verbreiteten Irrlehre: Nur Unternehmen, die ein starkes Umsatzwachstum vorweisen, sind starke Unternehmen. Was hätte denn ein Konzern, dessen Dienstleistung a priori geografischen Grenzen unterliegt, von einer Internationalisierung für einen Vorteil? Kann er dann die Telefonminuten billiger „produzieren“ oder kann er dann den Weltmarktpreis für Telefonminuten kontrollieren?
Ein analytischer Blick auf Hutchison/Drei könnte da manchen Träumern in den Reihen der Globalisierer die Augen öffnen: Sobald das Telekom-Geschäft eines internationalen Konzerns in einem einzelnen Land konkrete Formen annimmt, wird es wieder regional, und zwar notwendiger Weise, weil dem jeweiligen Staat Lizenzen zu zahlen sind, weil die Sendestationen für das österreichischen UMTS-Netz nicht in der chinesischen Provinz Sechuan gebaut werden können und weil schließlich die Kunden in Österreich gewonnen werden müssen und die weltweit bereits vorhandenen x-Millionen Kunden dem Österreich-Geschäft von Drei keinen Deut nutzen. Ganz im Gegenteil: Auf magere 83.100 Kunden hat es Drei bisher in Österreich gebracht, und zwar durch „Vorteile wie netzinterne Gratistelefonie und Geldgeschenke bei Neuverträgen“, wie das WirtschaftsBlatt heute berichtet. So eine tolle Performance kann sich sicher nur ein internationaler Telekom-Konzern leisten.
Dass sich jetzt der Wirtschaftsexperte Alfred Gusenbauer über Der Standard zu Wort meldet und von einer „unfassbaren Kapitalvernichtung“ beim gescheiterten Übernahmedeal der TA spricht, ist heiße Luft, genauso wie der Anstieg des Aktienkurses von 12 auf 14 Euro im Vorfeld der Übernahme-Spekulationen nichts anderes als heiße Luft war. Wer da meint, dass damit eine Milliarde Euro oder mehr vernichtet wurden, der schätzt den Wert von Papieren höher ein als den eigentlichen Unternehmenswert. Und für den Unternehmenswert der TA ist es sicher wichtiger, dass 400 Mio. frei verfügbarer Cash weiter im Unternehmen und bleiben, als demnächst in der Bilanz der „starken“ Swisscom spurlos zu verschwinden. Wenn Spekulanten, die nur am Kursgewinn interessiert sind und nicht im Geringsten am Unternehmen (als „Anteilseigner“), dann trifft es auch die richtigen, wenn sie am Kurssturz verlieren. Die übrigen Aktionäre halten immer noch seit Jahresbeginn einen zweistelligen Wertzuwachs. Wer als Anleger in Jahreszyklen und nicht im Stundentakt denkt, kann sich jedenfalls freuen, wenn eine unabhängige TA demnächst weiter Aktien über die Börse an den Mann bringt. Und da hat das Übernahme-Spektakel sicher nicht geschadet.
Resümee: Wenn Manager „Wachstumsvisionen“ entwickeln, sollte das Wort eines erfahrenen Bankmanagers gelten, das dieser nur irrtümlich in seiner Funktion als Bundeskanzler ausgesprochen hat: Visionäre brauchen einen Psychotherapeuten, denn ungehemmte Wachstumsvisionen von Managern können die Gesundheit des Unternehmens gefährden, für das sie verantwortlich sind.