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28.3.2010 Wenn Österreich seinen angeblich wichtigsten und höchst-dotierten Preis für bildende Kunst zu vergeben hat, so passiert dies neuerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Schlappe 20.000 Euro durfte der US-Künstler Raymond Pettibon am 1. März – dem Geburtstag von Oskar Kokoschka - mit nach Hause nehmen, und wir erfahren lediglich in einer Randbemerkung der Presse-Redakteurin Almuth Spiegler: „Haben mich die doch tatsächlich nicht zur Kokoschka-Preisverleihung eingeladen...“. Im Standard sucht man vergeblich nach einer Information, nicht einmal ein Nebensatz ist über den Kokoschka-Preis zu finden. War offenbar auch nicht eingeladen! Die Kunstzeitung hat dem Preisträger immerhin eine ganze Spalte gewidmet: „Die Juroren haben den Ex-Mathematiklehrer offenbar ohne Kontroverse durchgewunken“, schreibt Dorothee Baer-Bogenschütz.

Nun ist es durchaus verzichtbar, dass jeder Preisträger fünf Wochen lang durch die gesamte Presse „gewaltzt“ wird, aber angesichts dieser geradezu systematischen Nichterwähung liegt doch der Verdacht einer Vertuschungskampagne nahe. Wer recherchiert, warum ausgerechnet Pettibon den Kokoschka-Preis erhalten hat, der findet zwar eine lange Liste von Juroren, aber nur eine sehr dürftige Begründung: „Seine Arbeiten weisen motivisch wiederkehrende Merkmale, neu kontextualisiert und kombiniert, aus Religiosität, Sport oder Darstellungen von Jesus oder Stalin, auf. Auch sind Erhabenes (Jesus) und Banal-Alltägliches (Sportelemente) miteinander kombiniert.“ Punkt. Mehr ist nicht zu finden, weil es einfach keine ausführlichere Begründung gibt. Da stellt sich die Frage, welche Motivation die „unabhängige“ Jury eigentlich antreibt? Und welche geheimen Kräfte treffen eine Vorauswahl, aus der die Jury ihre Auswahl trifft?

Mangels Begründung kann man nur Vermutungen anstellen. Und ich vermute, dass sich ein Gerald Bast, ein Hans Hollein, ein Stephan Schmidt-Wulffen oder ein Albrecht Schröder einfach nicht mit Kleinigkeiten wie 20.000 Euro Preisgeld anpatzen wollen und dieses Sümmchen daher einem internationalem Player zuspielen, der seinerseits genug internationale Player im Rücken hat, die den Juroren in ihrer Karriere noch irgendwann einmal nützlich sein könnten. So hat man sich sauber immunisiert, wenn sich ein dahergelaufener österreichischer Künstler (oder Galerist) über die getroffene Wahl aufblustern sollte, hat man doch einen internationalen, unantastbaren Star gewählt – was immer der mit Österreich und mit Kokoschka zu tun hat.

Unter den zehn Juroren gab es auch eine Jurorin, Brigitte Kowanz. Kowanz selbst hat erst im Vorjahr den tatsächlich wichtigsten und höchst dotierten Preis der Republik, nämlich den Großen Österreichischen Staatspreis – und mit den Lorbeeren auch gleich 30.000 Euro aus dem Staatssäckel – erhalten. Schon damals war klar, dass Österreichs Staatspreise nach dem Motto „nur nix riskieren“ verliehen werden. Hier kommen von vornherein nur quasi kanonisierte Künstler/innen überhaupt in die engere Auswahl.

Haben die JurorInnen wirklich keine andere Wahl, als hoch dotierte Preise generös an finanziell abgesicherte KünstlerInnen zu verjubeln? Brigitte  Kowanz als Professorin der Universität für angewandte Kunst, die zusätzlich regelmäßig öffentliche Aufträge erhält, mag künstlerisch außer Streit stehen, genauso wie Pettibon. Aber außer Streit darf nicht stehen, dass Ignoranz gepaart mit Selbstgefälligkeit zur Grundlage jeglicher Jurorentätigkeit wird. Es kann nicht sein, dass ein paar Juroren, die für ihre Arbeit wahrscheinlich auch ein anständiges Honorar kriegen, nicht einmal eine einzige graue Hirnzelle in Bewegung setzen um im gesamten Spektrum der österreichischen Kunstszene zu recherchieren, wer denn überhaupt einen Preis verdienen würde und wer von den verdienstvollen Künstlern so einen Preis auch deshalb verdienen würde, weil er/sie bislang unverdienter Maßen zu wenig mit der eigenen Kunst verdient hat.

Offiziell vergibt „die österreichische Regierung“ die hier genannten Preise. So also fallen politische Entscheidung in unserem Lande: die Politiker putzen sich am Beirat ab, und der Beirat braucht sich nirgends abzuputzen, weil er sich gar nicht mehr anpatzt! Dass es auch anders geht, beweist der Deutsche Georg Büchner Preis.

Hubert Thurnhofer

Um:Druck 1/2010

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