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Der Standard bringt in der Ausgabe vom 5./6. September 2009 die Schlagzeile  "Restitution von Österreichs teuerstem Gemälde verlangt ".

 

Nun, im Jahr 2009, sind die Nachkommen von Jaromir Czernin zu dem Schluss gekommen, dass der Verkauf von Vermeers „Malkunst“ an Hitlers Schergen „unter Druck“ geschehen sei und deshalb solle der österreichische Staat das Bild zurückgeben oder das Bild „zu einem angemessenen Preis kaufen“, wie es der Anwalt der Familie, Andreas Theiss, fordert. Die Argumentation des Anwalts, „Czernin hatte keine Wahl: Er musste verkaufen, um die Existenz seiner Familie zu sichern. … Das war der Preis um zu überleben. … Czernin hat etwa eine Million Reichsmark erhalten, was ein Bruchteil des wahren Wertes ist “, wirft ein paar Grundsatzfragen auf:

Wenn der Zweck erfüllt wurde, woraus begründet sich dann überhaupt ein Anspruch auf Kompensation?

Warum müssen materielle Werte – signifikanter Weise immer Kunstwerke, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte exorbitant im Preis gestiegen sind – nach dem aktuellen Zeitwert kompensiert werden, während diejenigen, die schon damals keine Tauschgeschäfte anzubieten hatten und direkt in die Lager abtransportiert wurden, mit mikrigen Beträgen zur Wiedergutmachung abgespeist wurden?

Wieviele Generationen müssen für das Unrecht der Nazis bezahlen, mit dem sie wirklich nichts mehr zu tun haben?

Lässt sich aus einem - im Vergleich zu anderen Nazi-Gräueltaten - läppischen Unrecht moralisch überhaupt irgend ein Anspruch ableiten?

Was ist der „wahre Wert“ eines Kunstwerkes?

Was ist der Unterschied zwischen Preis und Wert?

Kein Mensch wird bezweifeln, dass das Geschäft von Jaromir Czernin auch unter politischem Druck abgeschlossen wurde. Trotz allem war es ein Geschäft, und wenn er statt der geforderten 2 Millionen Reichsmark nur 1,65 bzw. nach Angaben des Anwalts nur eine Million bekommen hat, so war das für die Zeit wohl eine beachtliche Summe. Dass er das Bild in den USA teurer an den Mann gebracht hätte, zählt nicht, denn die Ausfuhr wäre auch mit den heutigen österreichischen Gesetzen nicht vereinbar. Spezifisch an dem Fall ist nicht, dass Nachkommen einen moralischen Anspruch auf Wiedergutmachung stellen können, sondern dass sie den Anspruch stellen, weil ein Anwalt bereit ist den Fall wieder aufzurollen. Und: weil es um einen exorbitant hohen materiellen Wert geht, den man auch einklagen kann. Wer führt denn die Prozesse für alle jene, die „nur“ ihr Leben, oder das ihrer Eltern oder Großeltern verloren haben?

Die Aussage von Andreas Theiss, Czernin habe das Bild „zu einem Bruchteil des wahren Wertes“ verkaufen müssen, impliziert, dass der Anwalt den „wahren Wert“ kennt. Abgesehen davon, dass der Wert eines Kunstwerkes immer nur ein innerer (immanenter) Wert sein kann, während sich der Preis nach den Gegebenheiten des Marktes richtet (die eben unter den Nazis andere waren als heute), so wäre dieser Logik folgend die Diskussion hinfällig, wenn Hitler den „wahren Wert“ für das Bild beglichen hätte. Eine Logik, die eigentlich nicht mehr weiter kommentiert werden muss.

Hier wird die Werte-Diskussion auf eine Weise missbraucht, die bestens dazu geeignet ist, den rechten Recken Material für ihre Propaganda zu liefern. Der materielle Wert eines Bildes wird höher eingeschätzt als der Wert, dass damit seinerzeit tatsächlich Leben gerettet werden konnte. Wer in diesem Zusammenhang das Wort „Wiedergutmachung“ in den Mund nimmt – und ich weiß, dass ich mich damit dem Antisemitismus-Vorwurf aussetze – ist infam und scheinheilig!

 

Kommentare der Online-Community des Standards  

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