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7. Juli 2008 – Nun reichts also (Copyright: Wilhelm Molterer). Mir auch. Das Ende dieser Regierung, eine Mediensensation in der Alpenrepublik, wurde in ausländischen Medien, wenn überhaupt, unter ferner liefen abgehandelt. Soviel zum Stellenwert unserer Operettenregierung.

 

Da uns die Parteien schon jetzt sagen, dass sie das Ergebnis der Wahlen nicht respektieren werden, weil die oder jene Koalition nicht möglich sei, werde ich meine Stimme diesmal nicht abgeben. Nun sagen Politologen, dass es in anderen Ländern Ausdruck hoher politischer Kultur sei, wenn sich Parteien vor der Wahl festlegen, mit welchen anderen Parteien sie einen Pakt nach der Wahl schließen wollen. Nur übersehen diese Experten ein kleines Manko unseres Wahlrechtes: wir können auf dem Stimmzettel nur für eine Partei stimmen, nicht für eine Koalition (indem man beispielsweise zwei Parteien ankreuzt).

 

So betonieren sich die Parteien schon vor der Wahl ein. Mit der FPÖ kann natürlich niemand, was dieser Partei einen ordentlichen jetzt-erst-recht-Bonus bescheren wird. Alle anderen werden Federn lassen. Das Ergebnis SPÖ-ÖVP wird wieder knapp, diesmal halt mit umgekehrten Vorzeichen. Beide Parteien können sowieso nur noch auf ihre Stammwählerschaft zählen. Das BZÖ kann wieder über die Kärntner Front ins Parlament rutschen und die Grünen haben seit zwei Jahren keine einzige politische Ansage gemacht (oder hat jemand im Umfeld der Steuerreformdiskussion etwas von einem ökologischen Steuersystem gehört?), außer dass sie nun regierungsbereit wären, nicht aber mit BZÖ und schon gar nicht FPÖ im gleichen Boot. Dinkhauser, sollte er landesweit kandidieren, wird so abstürzen wie HansPeter Martin vor zwei Jahren, wenn er sein angestammtes Revier verlässt.

 

Gelebte Demokratie. Man sagt den Wählern: stimmt ab, aber das Ergebnis eurer Abstimmung wollen wir nicht zur Kenntnis nehmen. Das Ergebnis der Wahl und die daraus rechnerisch möglichen Koalitionsmöglchkeiten werden nicht die Basis für unsere Regierungsbildung sein, sondern subjektive Befindlichkeiten, mit wem wir können und mit wem nicht. Die nächste Operettenregierung darf sich auf die Angelobung und den Beifall der eigenen Parteimitglieder freuen. Für dieses Theater bin ich nicht zu haben.

 

Meine Wahlprognose - so wirds ausgehen:

ÖVP 33%, SPÖ 30%, FPÖ 22%, Grüne 7%, BZÖ 4%, Sonstige 4%

Nichtwähler 42 %

 NACHSATZ vom 29. September 2008

Vorläufiges Endergebnis: SPÖ 29,71 Prozent, ÖVP 25,61, FPÖ 18,01, BZÖ 10,98, Grüne 9,79, LIF 1,91, Fritz 1,77, Andere 2,22 -

Mandate: SPÖ 58, ÖVP 50, FPÖ 35, BZÖ 21, Grüne 19 - Grüne nur auf Platz fünf hinter BZÖ, LIF und Dinkhauser schaffen Einzug nicht

FPÖ und BZÖ sind nun also gleich stark wie die SPÖ - damit war der Coup von Wolfgang Schüssel, der mit der Neuwahl 2002 die Rechts-Partei zerbröselt hat, von relativ kurzer Wirkungsgeschichte. Aus heutiger Sicht hat er damit den Generationenwechsel in der FPÖ ermöglicht - ein Wechsel, den er in der eigenen Partei nicht geschafft hat. Die Grünen haben zwar nicht so viel verloren wie erwartet, aber sind doch auf Stagnations-Kurs.

Wie könnte das Ergebnis nun interpretiert werden, was ist der "Wählerwille". SPÖ-ÖVP will er offenbar nicht, wird aber nach der Ansage von "Sieger" Werner Faymann wieder kommen, weil er FPÖ BZÖ ausgrenzt. Die einzige plausilbe Regierung aufgrund des Ergebnisses wäre eine Konzentrationsregierung aller Parteien. Und damit die Opposition nicht völlig von der Bildfläche verschwindet, sollte der Klubzwang per Gesetz verboten werden und jedes neue Gesetz - so wie in der letzten Parlamentssitzung vor der Wahl - dem "freien Spiel der Kräfte" überlassen werden.

NACHSATZ vom 2. Dezember 2008

Nun haben wir also eine "neue" Regierung, nämlich die alte Koalition, mit neuen Gesichtern. Damit hat man es der Opposition leicht gemacht, fünf Jahre - falls denn die Legislaturperiode durchgearbeitet wird - auf die Koalition der Verlierer einzuprügeln. Wahr ist: Dieses Ergebnis hätten wir viel billiger durch eine einfache Regierungsumbildung auch haben können!

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