22. März 2008 - Immer häufiger finden sich Schlagzeilen in den Medien, die dem staunenden Leser berichten, wie Topmanager ihre Unternehmen zum Selbstbedienungsladen umfunktionieren. Zwar werden sogenannte Restrukturierungsmaßnahmen meist unter dem Vorwand wirtschaftlicher Notwendigkeiten durchgeführt, tatsächlich geht es aber immer häufiger darum, den Mitarbeitern das Weiße aus den Augen zu holen, während sich die Manager gleichzeitig ihre Säcke füllen. Wenn diese Topmanager Erfolg haben (was immer das langfristig bedeuten mag), kassieren sie ansehnliche Prämien, wenn sie aber Mißerfolg haben (was immer das kurzfristig bedeuten mag), dann kassieren sie meist noch mehr, nämlich eine Abfindung, bevor sie sich vertschüssen, um beim nächsten restrukturierungsbedürftigen Konzern aufzuräumen bzw. abzuräumen.
Diese Gepflogenheiten gehören bei spitzenverdienenden Lohnsöldnern mittlerweile zum guten Ton. Selten fand man bislang grenzenlose Raffgier bei Unternehmern, die ihr eigenes Geld und den eigenen Namen riskieren, dabei meist weniger verdienen als Lohnsöldner in Spitzenpositionen, dafür aber wesentlich mehr Verantwortung tragen. Julius Meinl, seines Zeichens der Fünfte, hat diese Tradition und überhaupt jegliche Form von Familien-Tradition nun endgültig begraben.
Schon im Vorjahr hat sich Meinl dadurch hervorgetan, dass seine Bank Aktien der Meinl European Land (MEL) gestützt hat, um einen weiteren Börsengang einer weiteren Meinl-Erfindung, nämlich Meinl International Power (MIP) nicht zu gefährden. Als diese Zusammenhänge publik wurden, wusch Julius Meinl V seine Hände in Unschuld mit der Erklärung, dass er selbst keinen Einfluss auf das Management von MEL habe. Für die Verwendung des Namens Meinl kassiert er aber Millionenbeträge, genauso wie seine Bank bei den Börsengängen Millionenbeträge kassiert und bei jeder Aktientransaktion kassiert und überhaupt für alles kassiert, was mit Meinl in Verbindung gebracht werden kann – egal ob röstfrische Kaffeebohnen oder lediglich der flüchtige Duft von sogenanten mündelsicheren Wertpapieren.
Da irgendwann mit dem Namen Meinl kein Anleger mehr zu locken war, hatte Julius V die geniale Idee MEL zu verscherbeln. Und mit der MEL auch den Management-Vertrag. In der “Wiener Zeitung (22.3.2008) liest sich das so: “Unabhängig davon (gemeint sind Wandelanleihen und Kapitalerhöhung) sollen die Meinl Bank und die bisherige externe MEL-Managementgesellschaft MERE für die Auflösung der umstrittenen Managementverträge 280 Mio. Euro erhalten. FÜR die AUFLÖSUNG erhält er.... Heidegger, schau owa: Noch nie hat das Nichts so effizient genichtet! Einfach vernichtend (zumindest für die blauäugigen Anleger)!
Nur damit es der kleine Maxi auch versteht: Wenn ich als PR-Berater ein Honorar kassiere, solange ich meine Leistungen erbringe, so werde ich ab sofort die Erbringung jeglicher Leistung einstellen und DAFÜR die zehnfache Summe in Rechnung stellen. Oder als Galerist kassier ich meine Provision von den Künstlern nicht mehr dann, wenn ich deren Bilder verkauft und somit nachweislich eine Leistung erbracht habe, sondern FÜR die Garantie, dass ich künftig keine Bilder mehr verkaufen werde, verrechne ich das zehnfache aller bisher kassierten Provisionen.
Noch nie in der Geschichte der Menschheit hat ein einzelner Mensch für Misserfolg so schamlos kassiert wie Julius Meinl V. Mehr als das: Noch nie hat ein Mensch es geschafft, sich seine Misserfolge für so viel Geld abkaufen zu lassen. Diese Denkungsart wird wohl dazu beitragen, dass Julius IV im Grab rotiert. Julius V aber schmiedet bestimmt schon Pläne, damit sein Name in die Geschichte eingeht – als Synonym für Geldgier, als Synonym für reinste Geldgier, als Synonym für Geldgier an sich. Heidegger hätte wohl gesagt: Noch nie hat das Geld so sehr gegeldet wie im 21. Jahrhundert!
Siehe auch pressetext-Artikel "Manager Gehälter: Ausdruck von Abzocker-Gehabe"
Sogar der Chefredakteur der WirtschaftsWoche, Roland Tichy, a priori sicher kein Feind hoher Gehälter, schreibt in einem Kommentar über den "Banken-Bankrott" über "die organisierte Verantwortungslosigkeit" der "Herren Bankvorstände". Weiter...
Ergänzung 16.1.2018: DerStandard.at berichtet, wie die Meinl International Power ihrem "Vorstand" und "Testimonial" KHG Karl Heinz Grasser Millionenbeträge zugeschoben hat.