Das Künstlerhaus sperrte mit Ende September zu. Der Ausstellungsbetrieb könne nicht mehr aufrecht erhalten werden, weil nicht genügend Geld dafür da sei, heißt es von Seiten des Präsidiums. Außerdem sei das Haus sanierungsbedürftig, Präsident Manfred Nehrer hegt den frommen Wunsch, von Bund und Gemeinde Wien 50 Millionen Euro für den Umbau zu bekommen. Dies berichtete der ORF. Ja, wie das Künstlerhaus zusperrt, das schaut sich sogar die ORF-Kulturredakton an, aber das ist ein anderes Thema.
Die Bemühungen des Herrn Architekten in Ehren, doch nicht nur die Bausbstanz bröselt, sondern vielmehr die Substanz des Künstlerhauses an sich. Wenn eine Künstlervereinigung mit 500 Mitgliedern nicht mehr imstande ist, aus der eigenen Substanz qualitativ hochwertige Ausstellungen zu gestalten, dann sollte nicht nur das Haus, sondern besser gleich der ganze Verein zugesperrt werden. Offenbar ist es in Wien nicht mehr möglich, Ausstellungen zu organisieren, ohne die Eitelkeiten einzelner Kuratoren zu befriedigen und ohne auf modische Trends der Museums- und Publikumsschickeria zu schielen.
Wird eine Ausstellung heute nur noch besucht, wenn sie mit den reißerischen Namen Picasso, Chagall, Jawlensky wirbt? So führt es uns jedenfalls das Kunstforum derzeit vor und betreibt damit definitiv Etiketten-Schwindel. In Wahrheit zeigt das Kunstforum nämlich eine Auswahl der Sammlung von Karl und Jürg Im Obersteg. Aber wer kennt die schon? Allerdings soll niemand einwenden, dies sei „nur“ eine Auswahl der Sammlung Im Obersteg. Denn die Sammlung hat ihren Wert und ist in jeder Hinsicht sehenswert. Was auch immer der Grund sein mag, uns diese Sammlung zu zeigen, es kann wohl nicht Picasso sein, von dem ein einziges Bild – nein zwei Bilder, aber auf einer Leinwand – in der Ausstellung hängt, nein steht. Das Konzept der Ausstellung jedenfalls ist simpel, aber legitim, ihre Vermarktung jedoch ist plump, aber voll im Trend.
Wem ist das Künstlerhaus eigentlich verpflichtet, wenn es im Konzert der Eitelkeiten auch die erste Geige spielen will. Warum muss es hier überhaupt mitspielen? Es ist ja nicht so, dass das Künstlerhaus die letzte graue Maus im Chor der Subventionsempfänger wäre, und der Rubel nur rollt, wenn man sich ständig mit fremden Federn schmückt. Immerhin 298.907,57 Euro bekam die Gesellschaft bildender Künstler – Künstlerhaus Wien – im Vorjahr vom Staatssekretär Morak überwiesen und verdient sich mit Vermietungen noch die Butter aufs Brot. Zum Vergleich: Die Secession musste sich mit 200.000 Euro begnügen.
Muss tatsächlich für eine einzige Ausstellung die Summe von 400.000 Euro verbrannt werden, damit man das Ergebnis überhaupt als „Ausstellung“ bezeichnen darf? Die Subventionspolitik – nicht erst seit Morak – legt diese Vermutung nahe. Im übrigen bin ich der Meinung, dass es ein untragbarer Zustand ist, dass Peter Weibel in Moraks Kunstbeirat sitzt und sich selbst 2 x 200.000 Euro für das Projekt „In search of Balkania“ zugeschanzt hat, selbstverständlich die höchste Projektförderung, die 2002 vergeben wurde.
P.S. In der Ausgabe Dezember/2002 habe ich an dieser Stelle über die sogenannte Studie des WIFO („Ökonomische und fiskalische Effekte von Kunstsponosring“) geschrieben, dass jeder Steuercent, der dafür rausgeworfen wurde, ein Cent zuviel ist. Nach dem nun vorliegenden Kunstbericht 2002 wissen wir es ganz genau: es waren 1.201.529 Cent zuviel.
Wiener Kunsthefte, September 2003