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Das Thema Kunstförderung wurde durch die Budget-Streichung für das Depot neu angefacht. „JA zum Depot, NEIN zur Arbeitsplatzvernichtung“, proklamierte jüngst die IG Bildende Kunst in einem Brief an Mailath-Pokorny und an Franz Morak. Auf der Website des Depots findet der Leser das resignierte Bekenntnis der geschlagenen Depoten: „Ja irgendwie haben wir sogar Verständnis dafür, dass die öffentliche Hand entscheidet, wo das Geld notwendiger gebraucht wird. Der Ankauf von Abfangjägern ist noch lange nicht finanziert und mit dem Geld, das beim Depot gespart werden kann, ist schon wieder ein Zehntausendstel der notwendigen Ankaufssumme zugeschossen.“

Als ehemaligem Zivildiener würde mir zum Thema Landesverteidigung auch mehr einfallen als der Ankauf von Abfangjägern. Trotzdem muss ich das Argument der dupierten Depoten als Rohrkrepierer bezeichnen. Es ist nämlich genauso irrig, das Kultur-Budget gegen das Budget für Landesverteidigung auszuspielen, wie es absurd wäre, das Gesundheitsbudget gegen das Budget für Straßenbau aufzurechnen. Der Umkehrschluss der Depot-Mitarbeiter, „wir könnten zehntausend Jahre lang weiter machen, wenn Österreich auf eine Generation Flieger verzichtete“ kann da wohl nur als kabarettistische Zugabe verstanden werden.

Warum ist noch niemand auf die Idee gekommen, das Budget der Universitäten als Vergleichsmaßstab heranzuziehen? Da würde man sich intellektuell verdächtig machen, obwohl bekannt ist, dass manche Professoren den ewig gleichen Topfen Jahr für Jahr von Neuem anrühren. Und so mancher internationale Universitätskongress verdient das Prädikat „höchst überflüssig“. Das Depot dagegen hatte, wie es in seinem letzten Folder mitteilte, in neun Jahren 814 Veranstaltungen, 2.033 Vortragende und jede Menge Publikum.

Was „jede Menge Publikum“ in Zahlen heißt, wird dem geneigten Leser nicht mitgeteilt. An mir sind die 814 Depot-Veranstaltungen in den vergangenen neun Jahren jedenfalls spurlos vorüber gegangen. Und wie eine Blitz-Umfrage bei den Mitgliedern der IG Galerien zeigte, ist es anderen Galeristen nicht viel besser ergangen.

Was ist also die Moral von der Geschichte? Die Rechten dürfen jubeln und sich freuen, dass den aufmüpfigen Links-Intellektuellen der Geldhahn abgedreht wurde. Die Linken dürfen sich bestätigt fühlen, dass diese sich perpetuierende Regierung nichts für die Kunst übrig hat. Auf der Strecke bleibt eine sachliche Diskussion über die grundsätzliche Frage: Braucht Kunst Subvention, und wie sollen staatliche Förderungen verteilt werden?

Hier das Bekenntnis der IG Galerien: Wir glauben an die Notwendigkeit der öffentlichen Förderung von Kunst jetzt und in Ewigkeit, Amen! Und wir schließen die Kunst-Beiräte aller Länder und des Bundes in unser Abendgebet ein, so dass der gefüllte Kelch diesmal NICHT an uns vorüberziehe.

Halt! Da werden die Agnostiker unter uns aber nicht einverstanden sein. Also noch ein Anlauf zum Bekenntnis der IG Galerien: Wir fordern die Verankerung der Kunstförderung in unserer Verfassung, so wie die immerwährende Neutralität oder die Beseitigung des Parteienproporz durch das Objektivierungsgesetz.

Es darf gelacht werden! Fehlt nur noch eine Forderung, die in Zeiten wie diesen „Charme“ hätte, nämlich die verfassungsmäßige Verankerung der immerwährenden Kunstförderung ohne jeglichen Parteienproporz.

Bevor ich hier mit Forderungen und Bekenntnissen in völligen argumentativen Notstand gerate, sei der Versuch gestattet, die viel diskutierte öffentliche Kunstförderung von ihrem realpolitischen Stallgeruch zu befreien. Dann bleibt nur die auf das Wesentliche reduzierte Aussage: Kunstförderung ist zum Fördern da! Ja, zum FÖRDERN, nicht dazu, dass sich einzelne Künstler, Galerien, Vereine oder Museen IHRE Subvention wie unbefristete ALIMENTE von Vater Staat Jahr für Jahr abholen. Und das sollte für staatliche Kulturförderung im Allgemeinen gelten, denn es ist nicht einzusehen, dass eine „Zauberflöte“, eine „Carmen“ oder eine „Tosca“ in der Staatsoper gefördert werden müssen. Das ist längst Populär-Kultur und daher genauso wenig ein Fall für die staatliche Förderung wie andere Veranstaltungen der Pop-Kultur.

Die Frage „braucht Kunst Subvention, und wie sollen staatliche Förderungen verteilt werden?“ lässt sich damit wenig spektakulär beantworten: Solange der Staat große Künstler für sich vereinnahmt um sich mit diesen Größen international wichtig zu machen, solange ist der Staat auch verpflichtet, den AUFSTIEG seiner Künstler zu fördern. Die Kunst-Förderung müsste jedoch für alle Marktteilnehmer (amtsdeutsch: Antragsteller) gleich gelten, nämlich nach transparenten, projektorientierten Kriterien für alle Künstler, Galerien, Vereine und Museen.

Es ist mehr als grotesk, dass wir fast hundert Jahre nach Abschaffung feudal-monarchistischer Herrschaftsformen noch wie im demokratiepolitischen Kindergarten „gleiches Recht für alle“ fordern müssen. Die Realpolitik zwingt uns aber dazu. Ein aktuelles Beispiel für eine „Förderung“, die schon mit der Definition der Auswahlkriterien einen Willkürakt darstellt, ist die Subvention der Teilnahme an einer Handvoll internationaler Kunstmessen, welche im Förderantrag namentlich aufgelistet werden. Der Rest der internationalen Messewelt und ein Großteil der österreichischen Galerien wird mit dieser „Förder-Maßnahme“ ned amoi ignoriert oder ganz bewusst verarscht. So stellen wir uns Förderungen jedenfalls nicht vor. Im übrigen sind wir der Meinung, dass die steuerliche Absetzbarkeit von Kunstkäufen die beste Form der Förderung ist.

Wiener Kunsthefte, März 2003

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