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Eröffnungsrede zur Ausstellung LA DONNA E MOBILE, am 19. März 2009 in der R2 Galerie, Wien.

Bilder wie die von Vanja Vujicic werden üblicher Weise mit dem Stempel „abstrakt“ versehen. Ich halte die Einteilung „abstrakt“ und „realistisch“ (oder „gegenständlich“) allerdings für obsolet. Nicht nur, weil die Postmoderne den Stilmix zum Stilprinzip erhoben hat und heute alles nebeneinander existiert und auch ineinander übergeht. Sondern vor allem deshalb, weil die Begriffe „abstrakt“ und „gegenständlich“ meist völlig falsch verwendet werden.

Im üblichen Verständnis sind Bilder, die einen nicht erkennbaren Gegenstand haben, abstrakt. In diesem Sinne wären auch die Klecksereien eines Affen abstrakte Kunst, oder zumindest abstrakte Malerei. Oder die feinen Oberflächen-Faserungen eines geschliffenen Marmorsteins könnten als abstraktes Bild bezeichnet werden. Was wäre dann ein fotorealistisch gemaltes Bild einer geschliffenen Marmorplatte? Ein realistisches Bild oder ein abstraktes Bild? Wenn man sinnvoll über Abstraktion spechen will, muss man zunächst die Frage stellen: Abstraktion wovon?

In der sogenannten realistischen Malerei sind die Abstraktionsprinzipien allgemein bekannt. Das realistische Landschaftsbild ist schon deshalb eine Abstraktion, weil es von der dritten auf die zweite Dimension abstrahiert. Abstraktion durch Reduktion. Dabei nutzt der Künstler die Kompositionsprinzipien der Perspektive und seine Kenntnisse, wie Licht und Schatten an unterschiedlichen Tageszeiten die Farben verändern. Die sogenannten abstrakte Kunst hat ihrerseits auch immer einen Gegenstand, oft auch abstrakte „Gegenstände“ wie das Thema „Bewegung“ bei Vanja Vujicic. Oder auch nur die Farbe als Gegenstand. Jedenfalls kann man sagen: Es gibt keine Kunst ohne Abstraktion und es gibt keine Kunst ohne Gegenstand. Oder umgekehrt: Jede Kunst ist gleichzeitig abstrakt und gegenständlich. Die Einteilung der Kunst-Stile in abstrakt und gegenständlich ist aus diesem Grunde unsinnig.

Um den Schaffensprozess der einzelnen Künstler besser zu verstehen wäre es aus meiner Sicht zielführender zu analysieren, welche kompositorischen Prinzipien sie verfolgen. Das setzt zunächst voraus, dass ein Künstler überhaupt kompositorischen Prinzipien folgt. Da man das von einem Affen schwerlich behaupten kann, lässt sich daraus folgern, dass die Klecksereien eines Affen eben keine Abstraktion sind, und schon gar keine abstrakte Kunst. Ebensowenig kann man die Bildproduktion von Landschaftsansichten, mit der Touristenorte auf der ganzen Welt überschwemmt werden, als Realismus oder gar als realistische Kunst bezeichnen, weil die Produzenten dieser Souvenire meist ein sehr eingeschränktes Verständnis von Komposition und Technik haben. Das ist vergleichbar mit dem Unterschied eines Komponisten von symphonischen Werken und eines Komponisten von Schlagermusik, der ein durchaus umfangreiches musikalisches Werk mit nur drei Akkorden schaffen kann.

Im Wesentlichen sehe ich zwei kompositorische Ansätze, den poetischen und den narrativen. Der narrative Ansatz in der Literatur reicht von Erzählung, Novelle bis zum Roman, der poetische ist in der modernen Literatur relativ selten. Poetische Literatur ist meist in einer stark idiomatischen Sprache verfasst und in unserer schnelllebigen Zeit gibt es nur wenige Liebhaber, die Zeit und Vergnügung daran finden, diese Idiome zu entschlüsseln. Auch in der bildenden Kunst sind beide Ansätze zu finden, wobei poetische Kompositorik hier noch weiter verbreitet ist als in der Literatur. Der narrative Künstler will eine Geschichte erzählen, der poetische Künstler will – ohne Umweg über eine konkrete Erzählung – die Gefühle seines Publikums erreichen.

Die poetische Malerei versucht Stimmungen direkt zu vermitteln, versucht die Emotionen unmittelbar anzusprechen und nicht mittelbar, über den Umweg einer Geschichte. Die Logik, ein Thema wie „Bewegung“ oder „Tanz mit dem Wind“ nur mit dem Repertoir der Farbpalette zum Ausdruck zu bringen, ist nicht so leicht nachzuvollziehen wie die Logik von „Bildgeschichten“ in narrativen Werken. Aber eine Poetik ohne kompositorische Prinzipien wäre lediglich eine blasse, oberflächliche „Stimmungsmalerei“, wie man sie leider auch massenweise findet, weil viele Halbprofis dem Irrtum unterliegen, dass jede beliebige Farbflächenmalerei schon eine abstrakte Komposition sei.

Wer sich nicht weiter in die kompositorischen Prinzipien der Bilder von Vanja Vujicic vertiefen will, kann ihr Werk auch verstehen, indem er die Intention von Vanjas Schaffen berücksichtigt. Vanja stützt sich auf eine Aussage von Mutter Theresa, wenn sie sagt: „Ich würde nie an einer Demonstration gegen den Krieg teilnehmen, aber ich würde sofort an einer Demonstration für den Frieden teilnehmen.“ Die poetische Ader von Vanja kommt auch in folgender, unübertrefflichen Selbstcharakteristik zum Ausdruck: „Ich bin eine realistische Steinböckin.“

Bilder von Vanja Vujicic siehe...

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