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Man kann sich den Kunstmarkt als Pyramide vorstellen. Die Spitze der Pyramide, der Olymp, wird bevölkert von den Top 100 dieser Welt. "Von den 100 gefragtesten Künstlern waren im Jahre 1979 50 aus den USA, 11 aus Deutschland, 12 aus England, 9 aus Frankreich und 4 aus Italien. Von 100 Künstlern stammten also 86 aus westlichen Ländern, vor allem den USA. 1997 stammten von den 100 der gefragtesten Künstler nur noch 40 aus den USA, jedoch 28 (!) aus Deutschand, 8 aus Großbritannien, 6 aus Frankreich und 5 aus Italien. Wiederum waren 87 Künstler aus der westlichen Welt", so Thomas Gonzáles in seinem Beitrag für den Sammelband ArtInvestor (S. 99). Der Kunst-Olymp ist also eine durchwegs kapitalistisch geprägte Welt, wobei aus den USA nicht nur die finanzkräftigsten Käufer, sondern auch die potentesten Künstler stammen.

Direkt unter dem Olymp finden sich die Top 100 aller Länder dieser Welt. Dies sind  "bei knapp 200 Staaten" rund 20.000 Künstler weltweit. Unter der Ebene der 200 x 100  finden sich die arrivierten Künstler, das sind deutlich mehr als die jeweiligen Top 100. Als arriviert kann man jene Künstler bezeichnen, die den Markteintritt über eine Galerie geschafft haben. In Österreich sind das mindestens 3.000 Künstler, in Deutschland sicher mehr als 5.000. Selbst wenn man pro Land "nur" 2.000 arrivierte lebende Künstler als Schätzwert annimmt, so summiert sich diese Zahl weltweit auf 400.000. Die unverblümte Frage, "ist dieser Künstler bekannt?", die Galeristen gerne mit einem wegwerfend, verachtenden Blick beantworten, ist so gesehen nicht unberechtigt. Zumal die Kunstmarktpyramide noch wenigstens zwei Ebenen tiefer geht: Die Ebene, auf der sich Comming-up und verkanntes Genie wie Fuchs und Hase gute Nacht sagen und darunter die Ebene, wo Künstler aller Art zu hause sind, die nach dem ersten Aquarellkurs bereits künstlerische Ambitionen entwickeln, aber meist doch nur Waren aller Art produzieren.

Aber zurück zu den ersten drei Ebenen der Kunstmarktpyramide: Die Realität, die von den Marketmakern gerne ignoriert oder bewusst verschwiegen wird, ist die exorbitant große Zahl von rund 500.000 arrivierten Künstlern weltweit, die alle an und für sich als Marke wahrgenommen werden wollen. Man muss nicht weiter begründen, dass es wahrnehmungspsychologisch unmöglich ist, auch nur ein Prozent dieser Marken einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Damit wird verständlich, dass selbst die “Nationalhelden” der jeweiligen Kunstmärkte nur sehr selten einen breiten internationalen Durchbruch schaffen. So wie die Durchlässigkeit von der dritten auf die zweite Ebene der Kunstmarktpyramide innerhalb eines Landes sehr gering ist, so ist aufgrund der vorherrschenden nationalen Interessen auch die internationale Durchlässigkeit auf den einzelnen Ebenen sehr gering. Kunst international zu pushen ist daher schwierig, aber nicht unmöglich, sofern man zu den Hohepriestern des Kunst-Olymps gute Kontakte pflegt.

WEITERE INFOS siehe:

DIE KUNSTMARKT-FORMEL

ISBN 978-3-7357-7052-3
Print: 19,90 Euro, E-book: 10,99 Euro

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