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Es gibt keine bessere Antwort auf die Frage „Was ist Kunst?“ als den Gebärdendolmetscher auf Nelson Mandelas Begräbnisfeier (10.12.13). Redner von Barak Obama abwärts würdigen den ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas, Fernsehstationen übertragen die Feierlichkeiten weltweit, und daneben im unscheinbaren grauen Anzug ein Mann, der aber nicht zu übersehen ist, weil er alle Reden in Gebärdensprache übersetzt. Eine Gebärdensprache, die allerdings kein Taubstummer dieser Welt kennt. Es ist infam, wenn „Der Spiegel“ schreibt: „Gebärdensprachen-Dolmetscher war offenbar Schwindler“. Es wäre auch falsch, diesen Mann als „Symbol für die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts“ zu betrachten: er spielt etwas vor, was er in Wahrheit gar nicht beherrscht und 99,99 Prozent der aktiven und passiven Teilnehmer merken nichts davon.

Nein, der Gebärdendolmetscher IST ein Künstler, er hat Gebärdensprachen-Dolmetsch, oder zumindest Gebärdendolmetsch zur Kunst erhoben, er hat originäre Kunst geschaffen – zumindest in dem Verständnis, wie es sich in den vergangenen 50 Jahren herausgebildet und durchgesetzt hat: Nur ein Verwandlungs-Genie kann überhaupt auf diese Bühne gelangen. Die Performance wirkt auf einen Insider zwar mittelmäßig ( "Was er mit seinen Händen veranstaltete, hat keine Bedeutung", sagt der gehörlose Bruno Druchen), aber das Gesamtkonzept ist einzigstartigst: durchgeplantest, im richtigsten Moment in Szene gesetztest, bis zur letzten Minute mit scheinbarster Gelassenheit und absolutester Eleganz durchgezogenst!

Und am Ende verschwunden, wohl wissend, dass die Welt, und zwar wirklich die GANZE WELT, über diesen Auftritt reden wird. Ob sehenswert oder nicht: auf jeden Fall die gesehenste Performance des Jahres 2013! Pussy Riot sind mit der gesehensten Performance des Jahres 2012 im Vergleich dazu wie SV Kapfenberg gegenüber Manchester United.

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