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19.3.2010 - Österreichs produzierende Wirtschaft hat 2006 um 30 Prozent mehr Energie verbraucht als 1996. Der gesamte Energieverbrauch hat sich in den vergangenen 50 Jahren gut und gern verdoppelt. Die größten Energiereserven liegen somit im Energiesparen. Wie das möglich ist, beweisen einzelne Erfolgsprojekte.

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Wenn wir zur Rettung des Wintertourismus Tausende Schneekanonen als Energieschleudern in die Landschaft stellen, so mag das noch einer vordergründigen ökonomische Logik folgen. Dass wir gleichzeitig im Winter Dutzende Fußballfelder beheizen, damit die Ballesterer nicht auf vereistem Rasen spielen müssen, könnte man aber simpel und einfach durch eine vernünftigere Terminplanung der Bundesliga vermeiden. Und genau darum geht es beim Energiesparen: Umdenken! Nicht alles, was in den vergangenen 50 Jahren zur Gewohnheit geworden ist, verbessert unseren Lebensstandard.

Das beste Beispiel, wie wertvolle Energie buchstäblich in die Luft gefeuert wird, sind die Terassenheizer. Der Klimawandel hat das mediterane Lebensgefühl, das wir früher nur vom Italienurlaub kannten, auch in nördlichere Gefilde getragen. Nun wollen wir auch nach dem Urlaub im Gastgarten sitzen, und das nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter. Der Kunde ist König und der Wirt schiebt ihm ein Stöfchen unter den Arsch, damit sich der Kunde auch bei Minusgraden im Freien pudelwohl fühlt – und die ohnehin beheizten Gastzimmer bleiben in der Zeit leer. Bei aller Liebe zur freien Marktwirtschaft: das ist nicht bloß Nonsens zum Quadart, das ist fahrlässiger Umgang mit unseren Energiereserven den der Gesetzgeber verbieten müsste, wenn der Staat die Klimaziele wirklich erreichen soll.

Nach dem Klimagipfel in Kopenhagen haben nun 55 Staaten ihre Klimaziele bei der UNO deponiert. Die Zusagen ergaben erst ein Minus von 18 Prozent bis 2020, damit bleiben die Industrieländer weit hinter den erforderlichen Reduktionen. Und: bislang sind alle (selbst gewählten) Ziele unverbindlich. Bleibt die Hoffnung, dass jeder Einzelne umzudenken beginnt. Dass Einsparungen möglich sind, haben viele Unternehmen bereits bewiesen.

Die Eine Welt Handel AG in Niklasdorf (Steiermark) hat mit ihrem neue Logistikzentrum sogar einen richtigen Preisregen ausgelöst. Auf den TRIGOS folgten der Energy Globe Award Styria und der Klimaschutzpreis. Mit einer Lagerfläche von 2.200 qm und einer Bürofläche von 600 qm ist es das erste gewerbliche Holz-Passivhaus Europas und zugleich das erste klima:aktiv Haus Österreichs. Durch den direkten Bahnanschluss können im Jahr 170.000 Lkw-Kilometer vermieden werden. Der Neubau der Eine Welt Handel AG gehört zu den Vorzeigeprojekten des EU-Projekts HOLIWOOD. Dabei wurden die Eigenschaften von thermisch behandeltem Holz erforscht und innovative Holzlösungen entwickelt. Durch das neuartige Holzfertigteil-Bausystem  können bis zu 90 Prozent der Heizenergie eingespart werden. Das Gebäude wurde von Poppe*Prehal Architekten entworfen und wurde aus Mitteln der EU gefördert. Zwanzig Partner aus neun europäischen Ländern waren an diesem Projekt beteiligt.

Der Leiterplattenproduzent Häusermann aus Gars (Niederösterreich) hat ein bestehendes Kühlsystem so modifiziert, dass es bei gleichbleibender Kühllast nur noch 40 Prozent der ursprünglich benötigten Energie verbraucht. Außerdem wird nun Abwärme, die in Produktionsprozessen frei wird und früher ungenutzt blieb, zur Beheizung von Bädern und Räumen genutzt. Weiters wurde der Druckluftverbrauch an Handlinggeräten deutlich gesenkt. Insgesamt hat das Unternehmen mit seinem Maßnahmenpaket 350 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr eingespart. Die Investitionskosten von 300.000 Euro können in nur drei Jahren amortisiert werden.

Häusermann war mit diesem Projekt für den Staatspreis Umwelt und Energeietechnologie, der Anfang Februar verliehen wurde, in der Kategorie Energie und Effizienz nominiert. Gewonnen hat den Staatspreis in dieser Kategorie die Firma Ochsner Wärmepumpen. Das Unternehmen aus Haag (Niederösterreich) hat die Effizienz der Luft-Wärmepumpen deutlich erhöht und gleichzeitig die Geräuschemission durch eine neuartige Lüftertechnologie gesenkt. Die Geräte sollen vor allem bei der Sanierung von  Altbauten deutliche Energieeinsparungen bringen. Aufgrund mehrerer hunderttausend veralteter Heizanlagen verspricht sich der Staat (Verleiher des Staatspreises sind gleich drei Ministerien: Wirtschaft, Infrastruktur und Lebensministerium) davon einen signifikanten Beitrag zur Erreichung der Klimaziele.

Auch in der Forschung haben österreichische Unternehmen das Thema Energie-Effizienz entdeckt. So beschäftigt sich die crystasol GmbH aus Wien mit der Entwicklung einer neuartigen, flexiblen Photovaltaik-Technologie. Kern der patentierten Technologie ist eine aktive Schicht aus kleinen Einkristallen, die mit kostengünstigen Rohstoffen hergestellt werden. Gleichzeitig werden knappe Rohstoffe wie Indium, Gallium oder Tellur vermieden. Den Staatspreis hielt crystasol auch deshalb, weil mit dieser Technologie Photovoltaikstrom auch ohne Subventionen konkurrenzfähig wird.

Die Forschung hat auch viel zum „Modell Güssing“ beigetragen, bei dem es darum geht, mit allen vorhandenen erneuerbaren Ressourcen der Region die gesamte erforderliche Energie dezentral zu erzeugen. So hat TU-Professor Hermann Hofbauer ein spezielles Wirbelschicht-Dampfvergasungsverfahren für das  Biomassekraftwerk Güssing entwickelt.  Das Biomassekraftwerk ist Herzstück der Forschung und Entwicklung in Güssing und Ausgangspunkt für weitere Innovationen im Bereich der Brennstoffzellentechnik und im Bereich Biomass to Liquid. Güssing ist mittlerweile das internationales Vorzeigeprojekt, wie eine Gemeinde energie-autonom wird. Vorarlberg will es der burgendländischen Gemeinde nun nachmachen: wenn der Beschluss des Landtags tatsächlich umgesetzt wird, dann wird das Ländle bis 2050 energieautark. Ein ambitioniertes Projekt, denn derzeit wird nur ein Drittel des verbrauchten Stroms direkt in Vorarlberg produziert.

The Global Player 1/2010 (März 2010)

Illustration: Ernst Zdrahal

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